Rumtopf für die Prominenz

In diesem Blog widme ich mich ausnahmsweise dem Boulevard-Journalismus und mache mich auf die Suche nach Berühmtheiten, die Engelberg besucht haben (sollen). Zugegebenermassen erhoffte ich mir bei den Recherchen die grossen Geschichten, die skandalträchtigen Episoden und amüsanten Anekdoten. Und wer würde sich besser als Informant eignen, als der ehemalige Kurdirektor Charles Christen, der die Geschicke des Kurortes von 1968-1993 leitete? Ich traf mich mit ihm, um von ihm einige Geschichten kredenzt zu bekommen.

 

Sogleich jedoch dämpft Charles Christen meine Erwartungen: Engelberg sei während seiner Zeit als Kurdirektor kein Ort gewesen, der sich aktiv um Celebrities bemüht hätte. Nicht, dass man das nicht wollte, nein: Es fehlte schlichtweg das Geld, um den grossen Namen etwas Besonderes zu bieten. In den 1970er und 1980er Jahren kamen vornehmlich deutsche Politiker und Schauspieler nach Engelberg. Um das Einladungs-Budget zu entlasten, bekochte seine Frau Margrit für den Ort wichtige Gäste wie Medienschaffende, Mitarbeiter der Swissair und Reiseveranstalter aus aller Welt selbst zuhause. Zum Dessert gab es jeweils Früchte aus dem selbst angesetzten Rumtopf und Vanilleeis. Gekocht, gegessen und die Freundschaften gepflegt, wurde jeweils beim Direktor zuhause.

Ein bisschen Aufregung um Romy Schneider

Etwas Aufregung kam auf, als Romy Schneider (1938-1982) Mitte der 1970er-Jahre in Engelberg weilte. Der Kurdirektor war ahnungslos - erst als 15 Journalisten sein Büro stürmten, schwante ihm, dass da wohl eine etwas bedeutendere Person Engelberg besuchte und erfuhr, dass die Schauspielerin Romy Schneider ("Sissi") ferienhalber in Engelberg zu Gast war. Als Charles Christen dann in Erfahrung brachte, dass sie in einer Ferienwohnung im Bühl weilte, nahm er kurzerhand das Telefon in die Hand, um sie zum Znacht einzuladen. Die Schauspielerin lehnte jedoch dankend ab - schon damals fürchtete sie die Aufmerksamkeit durch Paparazzi. Sie zog es vor, zurückgezogen ihre Ferien in Engelberg zu verbringen und inkognito im Alpenclub zu speisen. Diese Ruhe gewährte man ihr auch, die Journalistinnen und Journalisten mussten Engelberg ohne knackige Fotos verlassen... Eine Fotografie des Aufenthalts von Romy Schneider ist deshalb auch bei Charles Christen nicht erhalten. In den 1970er und 1980er-Jahren verbrachten zahlreiche deutsche Fernsehstars ihre Ferien in Engelberg - darunter "Derrik" Horst Tappert, Fritz Wepper oder Michael Schanze - den jüngeren unter der Leserschaft sind diese Namen wohl nicht mehr allzu geläufig, sie gehörten beim damaligen Fernsehpublikum zu den beliebtesten Protagonisten und waren dementsprechend bekannt.

Ein Blick zurück: Royales Engelberg...

Zugegeben, Prinz Charles (ach nein, König Charles) verbrachte seine Ferien nie in Engelberg. Trotzdem, etwas royalen Besuch hat Engelberg doch auch zu vermelden: Das Hotel Titlis wurde bereits im ersten Jahr nach seiner Eröffnung (1865) von namhaften Gästen besucht. So kam Prinzessin Alice Maud Mary von Grossbritanien und Irland mit ihrem Gemahl, dem späteren Grossherzog Ludwig IV. von Hessen und bei Rhein, nach Engelberg. Sie geriet gegenüber ihrer Mutter, Königin Victoria dermassen ins Schwärmen, dass diese sich dazu entschied, Engelberg selbst einen Besuch abzustatten. Am 29. August 1868 kam Königin Victoria mit Tochter Luise und Sohn Leopold nach Engelberg. 

Wie berühmt Queen Victoria damals war, zeigt die Tatsache, dass die Monarchin als erste Frau überhaupt das Allerheiligste des Klosters betreten durfte. Die Königin und ihr Gefolge besichtigten die Sakristei und die Bibliothek. Beim Verlassen des Klosters hatte sich bei der Pforte gemäss dem Tagebucheintrag von Abt Anselm Villiger "eine Grosse Menge von Kurgästen angesammelt". 

... und ein Nobelpreisträger

Unter den frühen Gästen im neu sich etablierenden Wintersportort Engelberg ist Rudyard Kipling (1865-1936) zu nennen, der unter anderem das "Dschungelbuch" verfasst hat und 1907 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Von 1909-1913 verbrachte er mehrere Wochen im Winter in Engelberg in den Cattani-Hotels, wo er die Entwicklung des Wintersportortes mit grossem Interesse verfolgte. Kipling war zu Lebzeiten ein berühmter Mann. Seine Anwesenheit in Engelberg blieb (vor allem unter britischen Gästen) nicht unbemerkt. So erstaunt es nicht, dass er zu zahlreichen gesellschaftlichen und sportlichen Anlässen als Ehrengast eingeladen und eine Person mit Ehrfurcht wahrgenommen wurde.

Autorin

Nicole Eller Risi ist Leiterin des Tal Museums und berichtet in mehreren Blogbeiträgen über die Geschichte Engelbergs als Kur- und Tourismusort. Sie hat noch nie Rumtopf probiert.