Der Sommer ist vorbei. Die Älpler sind mit ihren Tieren wieder ins Tal gezogen. Der Alpsommer hat den Tieren gutgetan. Doch wie gut? Eine Antwort auf diese Frage erhoffen sich die Engelberger Viehzüchter jeweils in der ersten Hälfte des Monats Oktober. Es ist Viehschauzeit. In Engelberg ist dies traditionellerweise der Treffpunkt der Bauern mit der nicht bäuerlichen Bevölkerung. Da ein Schwatz, dort ein Expertengespräch und wieder an einem anderen Schauplatz wird ein Blick über die Schultern der Experten geworfen, welche die zur Schau aufgeführten Tiere mit Kennerblick beurteilen.
Viehzüchter können durchaus mit einem zielstrebigen Wanderer verglichen werden. Weiss der Wanderer einmal sein Ziel, sucht er den geeignetsten Weg und macht sich Gedanken über die zur Verfügung stehende Zeit, die Wegverhältnisse, das Wetter und auch allfällige Mitwanderer, die ihn zu einem gewissen Marschtempo zwingen. Gleich verhält es sich in der Viehzucht. Auch hier muss sich ein Züchter darüber im Klaren sein, wohin ihn der Weg mit seinen Tieren führen soll. Wer in der Viehzucht klare Ziele verfolgt, wird früher oder später auch Erfolg haben. Oder aber, er bleibt ein Mitläufer. Eine rationale Milch- und Fleischerzeugung sowie die Verwertung des auf dem eigenen Betrieb vorhandenen Futters bilden die Hauptanliegen eines Viehzüchters und sind vor allem in Berggebieten wie Engelberg von grösster Bedeutung.
Da stehen sie also nun an diesem Oktobertag – die besten Tiere der Engelberger Viehzüchter nach Kategorien aufgeteilt in Reih und Glied. Die von auswärts aufgebotenen Experten attestieren den Züchtern regelmässig, dass sie gute Arbeit verrichten. Und auf was haben nun die Experten ein besonderes Augenmerk? Da ist zum einen das Fundament des Tieres. Die Euteranlage, die Beckenlage und schliesslich das Gesamtbild sind weitere Bewertungskriterien der Experten. Die Vorführung der Tiere im Ring kommt dem Gang auf einem Laufsteg gleich. Die Freude über einen Spitzenplatz in einer der Kategorien, ist vor allem beim Viehzüchter gross. Und doch weiss er, dass dies lediglich eine Momentaufnahme ist. Schon am nächsten Tag könnte eine Mitstreiterin vorne eingestellt werden. So sind die Spielregeln. Doch wer dies völlig kalt lässt, das sind die Tiere selbst. Sie sind dankbar, wenn der Bauer am Morgen nach der Viehschau pünktlich zum Melken der Kühe im Stall erscheint. Auch das gehört an einer Viehschau dazu. Egal, wie lange die Festivitäten am Züchterabend gedauert haben.
Autor
Text & Bilder: Beat Christen