Draussen, zehn Grad minus. Drinnen, im Regiewagen vom Tessiner Fernsehen, gefühlte 30 Grad. Während die Skisprungfans am Fusse der grössten Skisprunganlage der Schweiz eingehüllt in warmen Winterkleidern das Wettkampfgeschehen verfolgen, ist im knapp zwei auf fünf Meter grossen Regieraum T-Shirt-Wetter angesagt.
Die Konzentration der knapp eine Handvoll RSI-Mitarbeitenden ist spür- und auch erlebbar. Das Sagen hat Louis Trautmann, der Regisseur der Weltcup-Übertragungen aus Engelberg. Er kennt Engelberg. Sorgt schon seit Jahren dafür, dass das Klosterdorf während dem Weltcup-Wochenende ins beste Licht gerückt wird. «Kamera drei bereit und – top.» «Kamera fünf bitte näher an das Sujet heran». «Kamera vier – top.» «Kamera neun bitte eine Panoramaaufnahme bereithalten.» «Slowmotion einspielen.» «Kamera neun bitte das Kloster näher herbeizoomen. Ich will das perfekte Licht beim Kirchturm zeigen.» «Das Zwischenergebnis bereithalten. Einblendung nach dem nächsten Springer. Dazu das Bergpanorama von Kamera 16.» Louis Trautmann ist bei dem Weltcup-Skispringen in Engelberg Herr über die 18 im Einsatz stehenden Fernsehkameras. Grundlage für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Regie und Kamerateams ist das Briefing am Vormittag. Hier werden spezielle Einspieler oder Szenen besprochen, die man auf gar keinen Fall verpassen darf. Die Arbeit selber vergleicht Louis Trautmann als das Zusammensetzen eines Puzzles.
Am Ende muss das Gesamtbild stimmen. Auch wenn die TV-Reporter aus der ganzen Welt mit viel Wissen rund um den Skisprungsport und Engelberg brillieren, am Ende sind es die Fernsehbilder, welche Emotionen wecken und in Erinnerung bleiben. Bilder sagen halt auch in solchen Momenten mehr als tausend Worte. Und wenn die Siegerehrung schon längst vorbei ist, die Kameras und die vielen Monitore im Regiewagen auf on gestellt sind, nimmt der Regiesseur seine Truppe im Mediencenter nochmals zusammen. Debriefing ist angesagt. Die Highlights werden analysiert und auch jene Augenblicke, wo es für den nächsten Tag Verbesserungspotential gibt. Louis Trautmann und sein Team sind immer auf der Suche nach den besten Bildern, die sie in die ganze Welt hinaus senden. Und das ist Knochenarbeit. Dass Engelberg Jahr für Jahr mit den höchsten Einschaltquoten bei den Skisprungwettkämpfen brillieren kann, kommt nicht von ungefähr und ist das grosse Verdienst vom RSI-Team.
Autor
Beat Christen war während 20 Jahren als Medienchef für das Weltcup-Skispringen im Einsatz. Und weil die Katze das Mausen nicht lassen kann, unterstützt er seinen Nachfolger auch in diesem Jahr wieder bei der Betreuung der Medienschar. 2015 hat er das Engelberger Dokument «Von Null auf Hundert» realisiert und beschreibt darin die Geschichte des Skisprungsports in Engelberg von 1904 bis heute.
Text & Bild: Beat Christen